25. Juli 2023: Von Roscoff in Frankreich nach Plymouth in England

Als ich heute morgen aufwachte und aus dem Fenster schaute, sah ich, dass

  • es über Nacht geregnete hatte und der Himmel bewölkt war,
  • Ebbe herrschte, wodurch die Küste ein sehr bizarres Aussehen hatte,
  • ein kräftiger Wind wehte, der eine lustige Überfahrt versprach.

Detaillierte Reisebeschreibung: 


Roscoff bei Ebbe

Eine lustige Überfahrt? Heute war der Tag, an dem ich Frankreich verlassen und nach Großbritannien übersetzen würde. Am 23. Juni war ich in Menton von Italien kommend in Frankreich eingereist und hatte das Land bis zum heutigen 25. Juli von Südosten nach Nordwesten durchquert. Etwas traurig war ich schon, denn ich mag Frankreich und die Franzosen sehr gerne und hatte in diesem Monat in Frankreich meine tief vergrabenen Französischkenntnisse kräftig aufgebessert. Aber ich war auch sehr neugierig auf Großbritannien.

Noch hatte ich Zeit, denn meine Fähre ging erst am Nachmittag. So packte ich nach dem Frühstück meinen Hänger und machte mich zuerst auf den Weg nach Santec. Santec ist ein kleiner Ort westlich von Roscoff. Nichts Besonderes, nichts Sehenswertes. Aber ich hatte dort vor vielen, vor sehr vielen Jahren mal ein Ferienhäuschen mit meiner Frau gemietet. Und da ich schon mal vor Ort war, wollte ich das Dorf besuchen. Als ich Roscoff Richtung Westen verließ, merkte ich, wie kräftig der Wind war. Selbst mit E-Unterstützung musste ich kräftig in die Pedale treten. Ab und zu regnete es wieder etwas, aber es war zu wenig als dass sich die Regenklamotten gelohnt hätten.

Nach einer halben Stunde erreichte ich Santec. Das Ferienhaus fand ich leider nicht mehr. 40 Jahre ist doch eine sehr lange Zeit. Aber den Strandabschnitt mit Blick auf die Île de Batz war mir gleich wieder vertraut. Ich hielt mich nicht lange auf, sondern machte mich bald auf den Rückweg, jetzt mit kräftiger Windunterstützung. Da der Fährhafen im Osten von Roscoff lag, musste ich das Städtchen noch einmal durchqueren und nutzte die Gelegenheit, um noch etwas zu Essen und zu trinken zu bunkern.


Küste bei Santec (1)


Küste bei Santec (2)

An der Fähre hatte ich eine nette Begegnung, Drei Fahrstreifen weiter standen zwei Deutsche mit je einem sehr spannenden Fahrgerät. Beide Fahrgeräte waren gleich gebaut und bestanden aus einem Vorderteil und einem Anhänger. Der Vorderteil war eine Art E-Bike, aber mit vier Rädern. Dort konnte der Fahrer bequem sitzen und hatte auch noch Stauraum hinter sich. Der Anhänger war das Schlafzimmer. Es bestand aus einer Liegefläche mit einer Matratze und ebenfalls mit viel Stauraum. Beide Teile waren mit Solarzellen bestückt und mit viel Technik versehen.

Ich kam mit den beiden Fahrern ins Gespräch. Die beiden waren ca. 60 Jahre alt und hatten Schicksalsschläge hinter sich, die sie auf die Idee brachten, diese Gefährte zu bauen und damit auf Reisen zu gehen. Sie waren den ganzen Sommer über unterwegs und übernachteten auf Campingplätzen, oft aber auch irgendwo in der Pampa. Großbritannien stand das erste Mal auf ihrer Reiseliste. Ich musste noch öfters an die Beiden denken, als ich in Großbritannien war, denn das Radfahren gerade um Plymouth herum stellte sich als echte Herausforderung dar.


Ein spannendes Gefährt (1)


Ein spannendes Gefährt (2)

Die Fähre selbst war bei meiner Ankunft am Hafen bereits vor Ort. Nach einer knappen Stunde Wartezeit kam Bewegung in die Bediensteten der Fähre, und bald schon wurden die ersten Autos auf das Schiff gewunken. Die Zweitradfahrer und die beiden Männern in ihren speziellen Kisten kamen auch bald an die Reihe. Uns wurde ein Stellplatz vorne links zugewiesen, wo es Seile gab, um die Fahrräder zu befestigen. Dann ging es mehrere Etagen hoch auf das Passagierdeck. Mich trieb es gleich auf das oberste Deck, wo man ins Freie gehen konnte. Dort wollte ich die Abfahrt aus Roscoff erleben.


Auf der Fähre nach Plymouth

Nach etwa 30 Minuten ging es los. Langsam verließ die Fähre Roscoff. Kaum hatte sie den schützenden Hafen verlassen, fand der Wind, oder besser der Sturm, herrliche Angriffspunkte und brachte die Fähre wunderbar ans Schaukeln. Ich liebe dieses Auf und Ab auf einem Schiff und genoss das Spiel des Windes mit der Fähre. Nach etwa einer Stunde ging ich auf das untere Deck, wo ich im Restaurant Kaffee trinken wollte. Nicht alle Passagiere waren seefest, und so saßen dort doch recht viele sehr blasse Menschen, vor allem Briten, auf den diversen Sitzen. Im Laufe der weiteren Fahrt gab es auch den einen oder anderen, der sein Mittagessen nicht zwischen den Zähnen halten konnte.

Bilder von der Überfahrt von Roscoff nach Plymouth

Die Fahrt dauert gut 5 Stunden, die ich nutzte, um mich auf dem Schiff umzusehen und immer wieder das Oberdeck aufzusuchen, um aufs Meer hinauszuschauen. Irgendwann sah ich am Horizont die englische Küste, die recht schneller näher kam. Leider war das Schiff so gebaut, dass man vom oberen Deck nur nach hinten blicken konnte. So begab ich mich wieder auf das Restaurantdeck, um vorne die Ankunft in Plymouth zu beobachten. Die Fähre fuhr in einem Bogen um eine kleine vorgelagerte Insel herum, und dann dauerte es nur noch wenige Minuten, bis sie in Plymouth anlegte.


Ankunft in Plymouth (1)


Ankunft in Plymouth (2)

Ich ging ganz nach unten zu meinem Gespann und machte es von den Seilen los. Wir Radfahrer durften das Schiff als Erste verlassen, und so fuhr ich die Rampe hoch hinaus auf die Straßen Englands. Die Abfahrt war so geschickt gestaltet, dass man automatisch auf die linke Fahrspur geleitet wurde. Linksfahren – es war nicht die ganz große Herausforderung. England sollte speziell am morgigen Tag ganz andere Herausforderungen bereithalten.

Zunächst ging es durch Plymouth hindurch vom Fährhafen im Südwesten zum Hotel im Nordosten der Stadt. Es war schon recht spät am Abend, so dass sich der Verkehr in Grenzen hielt und ich gut vorankam. Bis kurz vor dem Hotel. Ich sah bereits das Gebäude, doch zwischen mir und der Unterkunft lag ein Kreisverkehr, der wegen Bauarbeiten gesperrt war. Eine Umleitung war nicht ausgeschildert, und jetzt erst im Navi den Weg suchen – dazu hatte ich keine Lust. Ich fragte einen Straßenarbeiter, ob ich mein Gespann über die Baustelle schieben dürfe. Ich durfte. Also war das Hotel in wenigen Minuten erreicht. 

Das Hotel war eher ein Motel, d.h. man konnte von dem Parkplatz aus direkt in die Zimmer gehen. Allerdings – einen Unterstellplatz für Fahrräder gab es nicht. Die Parkplätze waren alle belegt, und direkt vor den Zimmern war der Weg so schmal, dass man zwar das Fahrrad, nicht aber den Hänger parkieren konnte. Ich trennte kurzerhand den Hänger vom Fahrrad und schob ihn in das Zimmer. War zwar auch eine Herausforderung, denn das Zimmer war britisch klein, aber ich schaffte es. Das Fahrrad selbst fand dann Platz auf dem Weg direkt vor dem Zimmer. 

Nachdem ich alles versorgt hatte, ging ich noch in das Hotelrestaurant und schloss den Tag mit meinem ersten englischen Pint ab. 

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