03. August 2019 – 111 km – 650 Höhenmeter

Die Etappe begann mit einem 10 km Umweg. Ich war ja schon durch Zeltweg durch und nächtigte in Weisskirchen. Allerdings wollte ich eine Fahrradwerkstatt aufsuchen, um einfach mal Bremsen und Luftdruck zu prüfen. Im Internet war die Werkstatt als geöffnet markiert. Ich fuhr also 5 km hin, um zu lernen, dass seit dem 1. Juli Samstag geschlossen ist. Also 5 km zurück und rein in die Etappe.

Es war eine Genussetappe. Zuerst 15 km fast nur nach oben, dann 60 km fast nur bergab. Herrlich. Und das Wetter war super. Kurz vor St. Gertraud, nach 25 km bergab, machte ich eine Pause. Dann rollte ich gemütlich nach St. Gertraud hinein, den Lenker in der Linken, einen Apfel in der Rechten. Ich schaute mir den Ort im durchrollen am – und sah plötzlich einen Bordstein vor mir, weil der Radweg einen 90-Grad-Knich nach rechts machte. Gute Reaktion wäre gewesen, Apfel wegwerfen und mit beiden Händen bremsen. Ich entschied für die schlechte Reaktion: Apfel behalten, mit der linken Hand bremsen – notbremsen. Nur – die linke Bremse wirkt auf das Vorderrad. So verschlug es das Vorderrad, und ich machte eine Salto über den Lenker.

Zunächst blieb ich mal ruhig liegen, um meine Knochen zu zählen. Die Hauptbremse war das Kinn, aber das hätte wohl auch einen Schwergewichts-Boxschlag ausgehalten, kein Problem also. Die Knie waren etwas mehr lädiert, links eine Schürfung, rechts eine kleine Prellung. Und irgendwie habe ich wohl auch den Lenker an die Brust bekommen. Rippen ok, aber etwas geprellt. Ich wollte mich gerade erheben, da stand ein Engel neben mir, ein dicker Engel.

„Um Gottes Willen, nicht aufstehen. Mein Mann hat schon den Rettungsdienst angerufen.“ Was? Den Rettungdienst? Oh je, das wird kompliziert. Aber gut, die beiden meinten es gut. Ist ja schön, wenn sich jemand um einen kümmert. Also blieb ich sitzen und fragte nur nach meinem Fahrrad. „Das Fahrrad ist schon ok.“ meinte der dicke Engel. Was weiß ein dicker Engel schon von einem Fahrrad und seiner Bedeutung. Meine Versuche, zu erklären, dass ich bis auf einige Kleinigkeiten schon ok bin, liefen ins Leere.

Dann kam die Polizei ins Spiel. Wer hat die wohl informiert? „Hier war ein Fahrradunfall. Wer sind die Beteiligten?“ – „Nur ich. War reine Dusselei. Kein anderer.“ Die Polizei wendete sich an den dicken Engel. „Sie sind nicht beteiligt?“ – „Nein.“ meinte der dicke Engel. „Ich helfe nur.“

Nun kam endlich auch der Rettungswagen ins Spiel. Zwei junge Sanitäter stiegen aus und verbanden erst einmal meine Schürfwunde am Knie. Äh, Verband? Ohne Desinfektionsmittel? Ich hätte gesagt maximal etwas Jod, aber keinen Verband. Aber ich bin ja nicht der Sanitäter. Der Polizist war auch noch da. „Ihr Fahrrad stellen wir mal rechts hinüber. Sind da Wertsachen drin.“ – „Klar, Geldbeutel hier, Laptop da, Tablet dort.“ – „Mhh, nehmen Sie das einfach raus, dann stellen wir das Fahrrad da hinüber.“

Jetzt dämmerte es mir. Ich sollte mit ins Krankenhaus zum Röntgen und sonstigem teurem Schnickschnack. Aber ich kenne meinen Körper am Besten. „Also,“ sagte ich und stand auf. Der Polizist wollte mir helfen. „Keine Sorge. Das geht nicht schneller. Nicht wegen des Sturzes. Ich bin 62.“

Der Engel und ihr Partner hatte sich inzwischen verabschiedet. Die Sanitäterin roch nun den Braten. „Sie wollen weiterfahren?“ – „Klar, wenn es mein Fahrrad mitmacht, sofort.“ – „Dann müssen Sie aber unterschreiben, dass Sie das auf eigenes Risiko machen.“ – „Ich unterschreibe alles, wenn ich nur gleich weiterkomme.“ Und so unterschrieb ich den Wisch, worauf sich Sanitäter und Polizist verabschiedeten.

Bitte versteht mich nicht falsch. Ich finde es toll, wenn sich Menschen um Menschen kümmern. Und ich habe mich bei allen Beteiligten auch herzlich bedankt. Nur wirkte die Situation auf mich komisch, denn ich kann meinen Körper sehr gut einschätzen und wusste gleich, was los ist und wie ich das einschätzen kann.

Nun aber zum Fahrrad. Das war kritischer, denn es hätte meine Tour verzögern können.

  • Die Glocke war kaputt, das ist ja nun wirklich unkritisch.
  • Die Schaltung für den e-Support war noch funktionsfähig, aber nur bedingt.
  • Und das Schlimmste: Das Vorderrad eierte wie an Ostern. Das ging nun gar nicht.

Glück im Unglück. Im nächsten Ort gab es einen Intershop. Und die verkauften Fahrräder. Und hatten daher auch eine Werkstatt. Und da war am Samstagnachmittag noch jemand da. Uns so wurde mein Fahrrad innerhalb einer halben Stunde wieder fit gemacht.

Der Rest der Fahrt war unspektakulär. Tolle Fahrt nach Lavamünd. Tolle Fahrt nach Bleiburg. Noch zwei Schauer unterwegs. Weißbier im Gasthof. Und tolles Essen.

Morgen geht es weiter. Allerdings muss ich morgen klären, ob der Loibl-Tunnel für Fahrräder offen ist. Angeblich sei er wegen des Urlauberstroms aktuell für Fahrräder geschlossen. Dann müsste ich den Plan etwas ändern. Es gibt aber einen Plan B.

Outdooractive-Karte zur Etappe.

 


Bienenhotel

Red Bull Ring in Zeltweg

Im Lavanttal

Hängebrücke St. Lucia

 

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