06. August 2022, 122 km, 650 Höhenmeter: Von Leuven nach Aachen
Es war ein sehr schöner Samstagmorgen, als ich zu meiner vorletzten Etappe aufbrach. Der Craywinkelhof zeigte sich von seiner gemütlichen Seite und bot ein sehr gutes Frühstück zum Start in den Tag. Schon recht früh – es war überraschend kühl, aber sonnig – machte ich mich auf die Piste.
![]() |
![]() |
![]() |
Detaillierte Reisebeschreibung:
Innenhof des Craywinkelhofs
Zunächst war der Weg wenig spektakulär, ging es doch ca. 6 km an der N2 entlang, die vergleichbar ist mit einer Bundesstraße in Deutschland. Selbstverständlich gab es einen Radweg, und da der Verkehr noch sehr ruhig war, war auch die Fahrt angenehm. Südwestlich von Tielt-Winge verließ ich die N2 und fuhr über kleinere Straßen und Wege weiter. Östlich von Bekkevoort stieß ich auf ein Schild am Wegrand: „Eddy Merckxroute“. Eddy Merckx ist der bekannteste Radrennfahrer Belgiens und gilt auch als der erfolgreichste Radrennfahrer der Radsportgeschichte. So gewann er 5x die Tour de France und ebenfalls 5x den Giro d’Italia. Über die Eddy-Merckxroute habe ich später gelesen: „Schwere Rennrad-Tour. Gute Grundkondition erforderlich. Auf einigen Passagen wirst du dein Rad vielleicht schieben müssen.“ Nun, der Teil, den ich auf dieser Route fuhr, war zum Glück einfach.
Eddy Merckxroute
Wie schon am Vortag ging es wieder an zahlreichen kleinen und großen Kanälen entlang. Erster dieser Kanäle, oder genauer ein Fluss, war die Demer mit ihrem Nebenkanal, der Viootgracht. Die Demer läuft parallel am Schulensmeer vorbei. Am Schulensmeer machte ich eine kleine Pause und genoss die Gegend. Das Schulensmeer im Natuurreservaat Schulensbroek ist der größte Binnensee Flanderns. Es ist sehr gut geeignet zum Wandern, bietet aber auch verschiedene Fahrradrouten um den See herum. Einige Tippis, die Ufer stand, zeugten davon, dass hier wohl auch Kinder viel Spaß haben.
Viootgracht bei Linkhout
Schulensmeer bei Linkhout
Tippis am Schulensmeer bei Linkhout
Nordwestlich von Hasselt traf ich auf den Albertkanaal, der mich bis nach Maastricht begleiten sollte. Der Albertkanaal (Albert-Canal, Canal Albert) ist 129,5 km lang und passiert sechs Schleusen. Er wurde zwischen 1930 und 1939 angelegt und nach dem belgischen König Albert I. benannt, der am 31. Mai 1930 den Grundstein gelegt hatte. Der Kanal verbindet Lüttich mit Antwerpen. Unter anderem passiert der Kanal auch die Stadt Hasselt.
Hasselt mit seinen ca. 80.000 Einwohnern ist die Hauptstadt der belgischen Provinz Limburg. Die Stadt liegt auf halber Strecke zwischen Leuven und Aachen, dem Startort und dem Zielort meiner heutigen Etappe.
Albertkanaal vor Hasselt
Schleuse am Albertkanaal östlich vor Hasselt
Auch nach Hasselt ging es am Albertkanaal entlang, bis ich die belgisch-niederländische Grenze überschritt und Maastricht erreichte. Maastricht mit seinen 122.000 Einwohnern ist die Hauptstadt der niederländischen Provinz Limburg und Partnerstadt von Koblenz. Bekannt ist Maastricht durch den Maastrichter Vertrag, durch den 1992/1993 die EU als Weiterentwicklung der EWG (Europäische Wirtschaftsgemeinschaft) entstand.
Maastricht wird auch von Touristen sehr gerne besucht. Entsprechen voll war die Stadt. Im Zentrum war trotz der sehr guten Fahrradinfrastruktur nicht an ein Fahrradfahren zu denken. War aber auch egal, denn ich wollte mir die Stadt auch etwas gemächlicher ansehen. Und so schob ich mein Gespann durch das Zentrum und ließ den Trubel auf mich wirken. An einem Kiosk erstand ich einen NL-Aufkleber für meinen Anhänger, so dass nun nur noch Österreich, Großbritannien und Belgien fehlen.
Wie der Name schon sagt liegt Maastricht an der Maas, und diesen Fluss musste ich nun überqueren. Es gab einen sehr breiten Fußgängersteg, über den auch andere Radfahrer ihr Fahrrad schoben. Von der Westseite her konnte man den Steg trotz der Menschenmassen sehr gut über eine breite Rampe betreten. Langsam schob ich mein Gefährt über den Steg. Doch auf der anderen Seite kam die Überraschung. Der breite Steg verengte sich auf 2 x ca. 1,5 m. Die einen 1,5 m waren eine Treppe – keine Chance für mich. Die anderen 1,5 m mündeten in einen serpentinenartigen Abgang vom Steg mit insgesamt drei sehr engen Kurven. Diese Kurven mit dem Gespann zu nehmen – fast unmöglich. Zurück und eine andere Brücke suche – noch unmöglicher, denn hinter mir war es drängend voll. Also schob ich mein Gespann mutig hinein in die Serpentinen. Hinter mir wurde das Gedränge immer größer. An der ersten Kurve blieb ich hängen. Mit aller Kraft und mehrfachem Hin und Her gelang es mir, die erste Kurve zu nehmen. Dann hatte ich Glück. In den anderen beiden Kurven half mir ein Mann, der selbst ein Fahrrad in den Händen hielt und den ich deswegen gar nicht angesprochen hatte. Er hielt mit der einen Hand sein Fahrrad und half mit mit der anderen Hand, den Hänger um die Kurven zu schlängeln. So kam ich am Ende doch gut unten an, verschnaufte etwas und fuhr dann aus dem Trubel und aus Maastricht hinaus.
Maastricht
Mein Anhänger mit neuem NL-Aufkleber
Nach Maastricht wurde es zunehmen hügeliger. Es war eine sehr schöne Landschaft, die ich durchradelte. Allerdings entschloss ich mich, auf dem Radweg entlang der Hauptstraße zu bleiben, weil ich schnell vorankommen wollte. So erreichte ich nach ca. 115 km Vaals, den letzten niederländischen Ort vor der deutschen Grenze. Vaals kannte ich schon durch verschiedene Aufenthalte, da es von Seiten meiner Frau familiäre Verbindungen nach Vaals gibt.
Vaals – der letzte Ort vor Deutschland
Kurz nach Vaals überquerte ich die Grenze. Nach über drei Monaten war ich wieder in Deutschland. Es war schon ein komisches Gefühl, manifestierte sich doch darin das Ende meiner Tour. Gemächlich durchquerte ich Aachen und fuhr in den Süden der Stadt zu meiner letzten Unterkunft, dem Gasthof Schöntal. Das Besondere an dem Gasthof ist, dass er einen sehr schönen Biergarten hat. Nachdem ich mein Zimmer bezogen, mich geduscht und mein Gespann verstaut hatte, war es eine Selbstverständlichkeit, diesen Biergarten zu besuchen. Dort gab es zum Abendessen das erste Weißbier, seit ich bei Bad Tölz die Grenze nach Österreich überschritten hatte. Am nächsten Tag ging es nach Hause.
Wieder in Deutschland
No responses yet