27. Juli 2022, 61 km, 723 Höhenmeter: Von Dunchideock nach Seaton
Das Wetter war inzwischen englisch geworden – bewölkt, windig, ab und zu ein paar Tropfen Regen. Aber es war nach wie vor angenehm warm, nicht mehr so heiß wie noch in Frankreich.
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Detaillierte Reisebeschreibung:
Der Morgen begann mit einer Fehlentscheidung. Ich wollte nicht den deutlich längeren asphaltierten Weg fahren, sondern machte mich auf den direkten Weg über eine Schotterpiste. Der Schotter war jedoch stellenweise fast mehlig, so dass das Vorankommen schwierig war. Zum Glück ging es den Berg hinunter. Ich konnte es im Schritttempo rollen lassen. In einem Ort namens Clapham hatte ich wieder Asphalt unter dem Gummi und fuhr weiter Richtung Exeter. Südlich von Exeter überquerte ich zunächst den Fluss Exe – heißt wirklich so – überquerte dann den River Clyst und fuhr am Mündungstrichter der Exe entlang Richtung Ärmelkanal.
Am River Clyst
Mündungstrichter der Exe bei Lympstone
Radweg am Mündungstrichter der Exe bei Lympstone
Bei Exmouth verließ ich die Exe und änderte die Fahrtrichtung – es ging nach Osten. Der Weg führte mich ins Hinterland des Ärmelkanals durch sehr unterschiedliche Landschaften. Mal war es hügelig mit den berüchtigten Steigungen, mal war es sehr flach. Bei Budleigh kam ich dem Ärmelkanal schon sehr nahe, aber nur um mich wieder in Richtung Norden vom Meer zu entfernen. Ich überquerte in flacher Landschaft den River Otter und folgte dem Fluss eine ganze Weile, bevor ich ihn in Otterton verließ und Richtung Sidmouth fuhr.
River Otten bei Budleigh
Kurz vor Sidmouth erblickte ich den Ärmelkanal. Sidmouth lag unter mir, so dass ich anhielt, ein Foto machte und den Ausblick genoss. Dann begann ich hinabzurollen. Nach etwa 500 m kam der Schock – mein Handy war weg. Ich hatte routinemäßig an die Tasche gefasst, in der es sein sollte. Aber da war es nicht. Alle Taschen gecheckt – nichts. War es mir dort rausgerutscht, wo ich eben das Foto gemacht hatte? Nichts wie rauf auf das Fahrrad und wieder hoch gefahren – im Turbo-Modus und mit voller Kraft. Ich erreichte die Fotostelle – nichts. Verdammt. Das konnte doch niemand so schnell gefunden haben. Noch einmal Check aller Taschen – nichts. Was nun? Ich hatte zwar ein Ersatzhandy eingepackt, aber ohne SIM-Karte. Merde, merde, merde. Ich fluchte leise auf Französisch. Als ich mich wieder auf das Fahrrad schwingen wollte, viel mein Blick auf die Gepäcktasche. Ihr könnte Euch denken, dass ich nicht nur die Gepäcktasche sah, sondern auch meine Handy. Lag friedlich in einer Mulde. Ich hatte den Eindruck, als ob es mich etwas schadenfroh anschauen würde. Wie das Handy in die Mulde kam – keine Ahnung. Aber egal, das wichtige Teil war wieder da und ich konnte beruhigt nach Sidmouth hinunter fahren.
Strand von Sidmouth
Strand von Sidmouth
Uferpromenade von Sidmouth
Klippen von Sidmouth
Strand von Sidmouth
Sidmouth ist ein Gemeinde mit ca. 15.000 Einwohner und liegt am Flüsschen Sid in der Grafschaft Devon. Der Kiesstrand von Sidmouth ist Teil der sogenannten Jurassic Coast. Die Steilküste wurde von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt.
Als ich Sidmouth verlassen wollte, versperrte mir die oder der Sid den Weg. Oder anders gesagt, die Straße ging direkt durch das Flüsschen. Es schien nicht sehr tief zu sein, denn einige Autos fuhren durch die oder den Sid. Allerdings – die Straße unter dem Wasser erschient mir recht uneben. Der Fußweg auf der rechten Seite war für mein Gefährt nicht benutzbar, so dass ich eine Umweg von einem Kilometer fahren musste.
Das Flüsschen Sid und die Straße
Als ich auf der anderen Seite ankam, kamen gerade zwei junge Frauen auf dem Fahrrad mit Gepäck aus Richtung des Flüsschens. Ich fragte sie, ob sie durch das Wasser gefahren wären. Sie verneinten, wäre ihnen auch etwas suspekt gewesen. Sie hatten die Räder über den Fußweg und die Fußgängerbrücke geschoben. Die Beiden fuhren in meine Richtung weiter und wollten einen Ort erreichen, der ca. 10 km hinter meinem Ziel lag.
Ich blieb noch ein paar Minuten stehen, dann schwang auch ich mich in den Sattel. Schon bald begann der Weg steil anzusteigen, hoch zu den Klippen. Ich holte die beiden Frauen langsam wieder ein und sah, wie sie sich ohne e-Unterstützung abmühten, um den Berg hochzufahren. Mir war es fast peinlich, als ich sie mit meinem gedopten Fahrrad überholte. Allerdings – die Frauen waren ca. 20 bis 25 Jahre alt, ich war ca. 40 Jahre älter. Und ich hatte viel mehr Gepäck dabei. Vielleicht kann man die e-Unterstützung da auch als Chancengleichheit sehen.
Weiter ging es, wieder etwas im Hinterland, in Richtung meines heutigen Ziels, Seaton. Kurz vor Seaton ging es wieder den Berg hinab zu einem Ort mit dem netten Namen „Beer„. Noch wenige Kilometer, und ich hatte Seaton erreicht.
Meiner Unterkunft lag etwa 100 m vom Strand entfernt. Ich hatte ein kleines Appartement im ersten Stock, das recht angenehm war. Da ich dort auch eine Küche hatte, entschloss ich mich, auf dem Abendspaziergang etwas zu Essen einzukaufen und im Appartment zu Essen. Für das Gespann gab es leider keine Einstellmöglichkeit. Es stand für alle zugänglich im Hof zur Straße hin. Ich schloss also meine beiden Alarmanlagen an und legte mich beruhigt schlafen.
Strand von Seaton
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