15. Juli, 83 km, 235 Höhenmeter: Cheillé – Chènehutte
Heute sollte es noch heißer werden. Daher bin ich früh losgefahren. Trotz der Hitze war es eine sehr schöne Etappe. Allerdings hatte ich am Abend in der Unterkunft Erlebnisse der etwas seltsamen Art. Dazu aber später mehr.
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Detaillierte Reisebeschreibung:
Azay-le-Rideau und Schloss Ussé
Zunächst ging es zurück in den kleinen Ort Azay-le-Rideau, der bekannt ist durch sein gleichnamiges Wasserschloss aus dem 16. Jahrhundert. Der Ort war gerade am Erwachen, erste Bäckereien öffneten und stellten ihre Tische und Stühle auf die Straße. Gute Gelegenheit für einen Morgenkaffee. Für das Schloss war es leider noch deutlich zu früh, so dass ich ohne Besichtigung losradelte.
Der Weg führte am sehr naturbelassenen, fröhlich mäandrierenden Fluss Indre entlang und vorbei am Schloss Château de l’Islette und an verschiedenen Mühlen, die typisch sind für die Indre.
Gasse in Azay-le-Rideau
Château de l’Islette
Nach etwa 20 km erreichte ich Rigny-Ussé und kaufte in einem Tante-Emma-Laden, wie man sie in Deutschland kaum mehr findet, eine kleine Brotzeit ein. Dabei wurde ich von zwei französischen Radreisenden angesprochen, die im gleichen Laden einkauften. Sie fragten, ob ich eine Fahrradluftpumpe dabei hätte. Schon erstaunlich, dass Leute auf Fahrradreise gehen und keine Luftpumpe im Gepäck haben. Aber egal, so kam es zu einem netten Kontakt und dem übliche Smalltalk: Woher, wohin, etc. Unweit des Ladens an einem Campingplatz fand sich ein Camping-Tisch, der zum Frühstück einlud. Auf einer großen Wiesen fanden gerade die Abbauarbeiten des Festes statt, das am Vortag zur Feier der französischen Revolution stattgefunden hat.
Rigny-Ussé ist bekannt wegen seines Schlosses, dem Chateau Ussé, das zu den bekanntesten Loire-Schlössern gehört. Es hatte schon geöffnet, und so stattete ich dem Schloss einen Besuch ab. Wieder war ich beruhigt, dass ich durch meine beiden Alarmanlagen ziemlich sicher sein konnte, dass meine Ausrüstung nach dem Besuch noch komplett ist. Wie so häufig geht das heutige, eher verspielte und märchenhafte Schloss auf eine mittelalterliche Burg zurück. Im 15. Jahrhundert wurde auf den Fundamenten der Burg eine neue Anlage erbaut und diese im 16. Jahrhundert erweitert. Im 17. und 19. Jahrhundert wurden dann der Märchenschloss-Charakter gestaltet.
Schloss Ussé
Im Schloss Ussé
Park von Schloss Ussé
Garten von Schloss Ussé
Rosen im Garten von Schloss Ussé
Ehemaliges Verlies der alten Burg Ussé
Auf dem EuroVelo 6 entlang der Loire
Kurz nach Rigne-Ussé verließ der Weg die Indre. Nach wenigen Kilometern erreichte ich die Loire und damit den Hauptradweg, den EuroVelo 6. Doch die Fahrt an der Loire dauerte nicht sehr lange. Bald schon biegt der EuroVelo 6 nach Südwesten ab und führt durch Beaumont-au-Véron zur Venant, einem weiteren Nebenfluss der Loire. Es ging an der Venant entlang bis zu deren Mündung in die Loire. Von da an ging der Weg den Rest des Tages nur an der Loire entlang.
An der Venant
Mündung der Venant in die Loire
Nach etwa 65 km erreichte ich Saumur. Saumur ist eine Stadt mir ca. 27.000 Einwohnern. Das Weinbaugebiet Saumur, aber auch das Schloss Saumur mit seinem gotischen Kern, machen die Stadt für den Tourismus sehr attraktiv. Entsprechend war ziemlich viel Betrieb im Ort. Ich schob meine Gespann durch die vollen Straßen, verzichtete aber auf einen Aufenthalt, sondern fuhr bald weiter. Inzwischen war die 40-Grad-Marke geknackt.
Das Chambres d’Hôtes Manoir de Montecler
Nach gut einer Stunde erreichte ich meine Unterkunft, das Chambres d’Hôtes Manoir de Montecler. Die Unterkunft hatte einen Hauch von Schloss, aber irgendwie auch etwas von einer Burg. Die Besitzerin, eine sehr alte Dame, empfing mich freundlich und zeigte mir das Zimmer. Das Zimmer war klein, kleiner als beschrieben.
Die Toilette war auf dem Flur, aber ich konnte sie exklusive benutzen. Allerdings brauchte ich eine Kurzeinweisung in die Bedienung, denn so trivial war das nicht. „Sie müssen den Knopf hier zweimal kurz drücken, dann kurz warten, dann den Knopf noch einmal lang drücken, noch einmal warten, und dann noch einmal lang drücken, dann kommt das Wasser.“ Interessante Konstruktion.
Dann kam die Frage nach der Dusche, die es in meinem Zimmer auch nicht gab. „Sie müssen sofort duschen.“ meinte la vieille dame. „Warum das denn?“ fragte ich. „Sie haben keine eigene Dusche, sondern duschen im Zimmer anderer Gäste, die später kommen. Wenn diese Gäste kommen, muss ich alles wieder sauber gemacht haben. Also bitte duschen sie sofort.“ Ich hatte ja schon viel erlebt, aber dass mich die Besitzerin einer Unterkunft zum Duschen schickt, war mir neu. Dass in meiner Zimmerbeschreibung eine Dusche genannt war, konterte sie mit der Aussage: „Das ist genau diese Dusche. Es steht nicht drin, dass Sie eine eigene Dusche haben.“ Nun ja, eigentlich war das Ganze eher eine Komödie und zum Schmunzeln, so dass ich artig sofort duschte.
Nach dem Duschen war es mir danach, ein Bier zu trinken. Ich ging in den Garten und musste dabei durch das Büro der Patronin, wo ich sofort nach dem Kaltgetränk fragen konnte. „Ich bringe Ihnen gleich ein Bier raus in den Garten“, sagte sie freundlich. Ich hatte kaum im Schatten Platz genommen, da kam sie mir Bier und Glas. Allerdings – das Glas war nicht wirklich sauber. Das sah auch die Dame. Daher hatte sie einen Lappen dabei, der ebenfalls nicht wirklich sauber war. Mit dem unsauberen Lappen putzte sie das unsaubere Glas und wollte einschenken. Ich rief: „Stop, das mache ich selbst.“ Doch der erste Schluck war schon drin. Sie stellte mir das ein Viertel gefüllte Glas und die Flasche auf den Tisch und schwebte von dannen. So kamen auch die Blumen hinter mir zu einem Schluck Bier, während ich mich an die Flasche hielt.
Im Zimmer machte ich noch eine kleine Brotzeit und schlief dann nach einem anstrengende und heißen Tag schnell ein. Dass es in der Nacht – natürlich – ein Problem mit der Toilette gab, beschreibe ich in der nächsten Etappe.
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